Anlässlich der Überreichung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst
am 4. Dezember 1997 hielt die Präsidentin der Salzburger Festspiele,
Frau Dr. Helga Rabl-Stadler,
die nachfolgende Laudatio in Wien,
die wir hier in gekürzter Form wiedergeben.

Herbert Willi ist „längst eine anerkannte Führungskraft im Konzert der Avantgarde“ urteilt Klaus Umbach ungewohnt uneingeschränkt positiv im „Spiegel“ Und fügt hinzu: „Willi ist wer!“

„Herbert Willi ist das derzeit heißeste Ticket der internationalen Komponistenszene“ schreibt Thomas Wördehoff gewohnt flapsig in der „Weltwoche“.

Die wohl schönste Propaganda für das Werk des heute zu Ehrenden aber macht August Everding: Auf die Frage im Rahmen des Theatertreffens Berlin, wohin er jetzt junge Menschen schicken würde, antwortete er enthusiastisch: „In die Oper von Herbert Willi!“

Ja. Klaus Umbach hat schon recht. Herbert Willi ist wer. Darum haben wir uns heute ja alle hier versammelt, darum wird er heute ausgezeichnet.

Willis Konsequenz zeitigte früh Erfolge und ermöglichte eine Bilderbuchkarriere, die sich mancher zeitgenössische Komponist wünschen würde, und die Willi innerhalb weniger Jahre in die höchsten Kreise des internationalen Musikbetriebes katapultierte. Ob seine Werke von den Wiener Philharmonikern und Claudio Abbado aufgeführt werden, oder Christoph von Dohnanyi ihn damit beauftragt, ein Orchesterstück für das Cleveland Orchester zu schreiben - das selbstverständlich in der Carnegie Hall oder der altehrwürdigen Royal Albert Hall in London im Rahmen der renommierten Promenade Concerts gespielt wird - überall, wo sein Name auf den Konzertprogrammen steht, sind die ganz Großen der Musik mit von der Partie. Während sich die Exegeten der neuesten Musik in Donaueschingen zu ihren alljährlichen Bestandsaufnahmen treffen und die gegenwärtigen Entwicklungstendenzen diskutieren, hat sich ein österreichischer Komponist fast unbemerkt und abseits der deutschen Spezialistenkreise in kurzer Zeit bis in die Spitzenregionen des Publikumsinteresses hochgearbeitet.

„Ein Hörwunder, dessen Halbwertszeit andere Novitäten auf dem einschlägigen Markt wohl überdauern wird“, wie Sigmund Kopitzky im Südkurier prophezeite.

Vielleicht ist das das Geheimnis seiner Anziehungskraft: „Seine Musik lässt sich auf Anhieb in keine allenthalben anerkannte Kategorie einordnen, ist ebenso wenig postmodern-trendorientiert, wie seriell-strukturbetont und auch reihenähnliche Tonraum-Gliederungen wird man nicht finden. Die meisten der bisher entstandenen Kammermusik- oder Orchesterwerke sind nicht länger als 12 Minuten. Sie muten wie aphoristische Studien an.“ (Axel Fuhrmann)

Herbert Willi ist ein totaler Verfechter der Messiaenischen Dreistufen-Werks-Entstehungstheorie: „Bei jeder schöpferischen Tätigkeit gibt es drei Stufen: die Inspiration, die Arbeit, das fertige Werk“ sagte Messiaen in einem Vortrag in Brüssel im Jahre 1958: „Im fruchtbaren 20. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Forschung und der Schnelligkeit betont man die zweite Stufe, die meisten Musiker von heute verleugnen die Inspiration und bezeichnen sie als romantisch und überlebt.“

Herbert Willi leugnet die Inspiration nicht nur nicht, er streicht sie hervor: die Inspiration durch die Natur, nicht die Nachahmung der Natur, „mein Hören, das sich an der Stille entzündet und damit notgedrungen oft an der Natur“.

Und so ist Herbert Willi in jeder Landschaft ein anderer Mensch.

Ein Stück für Flöte solo entstand in Samos, zu Hause in den Bergen konnte er nicht vollenden, was seine Entstehung dem Meer verdankte. Erst die Rückkehr auf die griechische Insel machte ein Stück möglich.

Die Arbeit für die Oper „Schlafes Bruder“ wiederum verfolgte den Komponisten Herbert Willi fast körperlich in seiner Bergwelt. Die Figuren gingen mit ihm wandern. Die Stille der Montafoner Berge also als Quell, Inspiration für ein szenisches Werk.

Und der Aufenthalt in der Toskana inspirierte Herbert Willi schließlich zu Stücken, für die er ausnahmsweise sogar einen Titel gebar, „Aurora - Giove“ und „Il Combattimento di Cecco e la sua Compagnia“. Mich freut’s, dass er damals die Musik beim Namen genannt hat. Denn Herbert Willi ist nicht nur der Noten, sondern auch der Worte mächtig. Ich würde ihn gerne ermuntern, die Kunstgrenzen überschreitend tätig zu werden. Musik und Dichtung haben eine Gangart des Geistes, dichtete Ingeborg Bachmann. Sie nahm damit ein Hölderlin Wort auf. Der sagte, der Geist könne sich nur rhythmisch ausdrücken. Und Bachmann meinte: „Musik und Dichtung haben Rhythmus in dem ersten, dem Gestalt gebenden Sinn, darum vermögen sie einander zu erkennen, darum ist da eine Spur.“

Herbert Willi ist ein Spuren-Geher. Er wagt es, Spuren zu ziehen, in der Kunst, in der Gesellschaft. Weil er die Kraft aus der Stille zieht, weil er an Wunder glaubt, weil er Vertrauen hat. Er vertraut in seine Künstlerschaft, er vertraut darauf, dass er immer Menschen findet, die mit ihm mehr als ein Stück des Weges gehen. Er vertraut darauf, dass er in diesem vielstimmigen Jahrhundert eine wichtige Stimme ist und bleibt. Ich möchte ihn darin bestärken. Ich glaube ihm, dass es Wunder gibt, dass es Stille gibt, dass es Vertrauen gibt. Ich möchte ihm wünschen, dass er ein Meister wird im Sinne von Ernst Gombrich, der sagt, „ich sehe gern in der Kunst einen Ausdruck der Meisterschaft, Meisterschaft in der Erzielung von Wirkungen, Rührung, Bewunderung, Erschütterung, Begeisterung.“ Offensichtlich ist Herbert Willi auf diesem Weg zum Meister.

Der Willi ist wer.

Herzliche Gratulation!
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